Beethoven Festspielhaus

„Das Festspielhaus in Beethovens Geburtsstadt Bonn hätte anlässlich des 200. Todestages von Ludwig van Beethoven im Jahr 2027 fertiggestellt werden sollen. Der konzeptionelle Ansatz hierfür betrachtet Landschaft, Architektur und Innenräume als fortlaufende Reihe von Erfahrungen, die die Besucherinnen und Besucher während ihres Ankommens – im doppelten Sinne – angemessen zu jenem Punkt führt, an dem inmitten von anderen Menschen das Kunsterlebnis, das letztlich ein subjektives ist, stattfindet. Deshalb ist es wichtig sich von allem zu lösen, was von dieser intimen Erfahrung ablenken könnte.
Die Herausforderung für Architekturschaffende, die einen Raum für den Kunstgenuss entwerfen, besteht darin, das Publikum aus der überfrachteten, hektischen Umgebung des Alltags in eine spezielle Atmosphäre zu entführen, die volle Konzentration auf die Darstellung gewährleistet, denn nur so kann das Innerste eines Menschen berührt werden.
Gebäude und Landschaft sollten ineinander übergehen und eine bespielbare Landschaft zeichnen, aus der das Festspielgebäude quasi herauszuwachsen scheint. Die Materialien bilden Übergänge von horizontalen in vertikale Flächen, deren feste Strukturen von Eingängen und Fenstern durchbrochen werden. Das Gebäude beginnt parkseitig auf Bodenniveau und erhebt sich kontinuierlich, bis es am Rheinufer scheinbar über dem Boden schwebt. Die äußere Form wird durch urbane Funktionen sowie durch funktionale Anforderungen definiert. Die Besucher haben die Möglichkeit auf vielfältige Weise mit dem Haus zu interagieren. Das Gefühl, das Gebäude individuell zu erforschen, ist für den Übergang von Alltag zu Kunstgenuss von entscheidender Bedeutung.
Das Volumen des großen Saals des neuen Festspielhauses sollte sich an den Proportionen des großen Musikvereinssaales in Wien orientieren, jedoch sollte eine zweite Galerieebene die Sitzplatzkapazität erhöhen. Vorangegangenen Analysen zufolge eignet sich das Volumen eines schuhkartonförmigen Auditoriums am besten für die gewünschte Art der musikalischen Aufführung der Werke Beethovens, können doch mit dieser Form ideale akustische Bedingungen geschaffen werden.
Die Seitenwände und die Saaldecke sind wegen des höhenmäßig begrenzten Einflussbereichs großflächig gegliedert, wodurch eine Gleichmäßigkeit der Schallfeld- und Klangverteilung im diffusen Feld bis zu den tiefen Frequenzen gesichert wird.
Das Auditorium ist für eine logarithmische Überhöhung über alle Zuschauerreihen konzipiert um ein optimales Klangerlebnis für alle Sitzplatzpositionen zu ermöglichen.
Die Beethoven-Festspielhalle wird vollständig von jener Energie versorgt, die buchstäblich vor ihren Toren vorbeifließt, dem Rhein. Er ist die Wärmequelle für eine Wärmepumpe, mittels der das Festspielhaus geheizt – und die Wärmesenke für das Rheinwasser-Freecooling, mittels derer es gekühlt wird. Der Fluss treibt weiters die – unsichtbare – Stromboje an, die das Festspielhaus vollständig mit Strom versorgt. Die Konstanz des großen Stroms übertrifft in Ökologie und Wirtschaftlichkeit jede Solaranwendung: Rheinstrom ist um den Faktor 70 sauberer als Photovoltaikstrom, da er billiger ist und auch nachts fließt, wenn während der Vorstellungen verstärkt Energie benötigt wird.
Die zwei verglasten Fassadenebenen der Beethoven-Festspielhalle vereinen große Architektur mit selbstverständlicher Funktionalität. Unter der schützenden Dachhaut entsteht ein Zwischen-Raum, dieser bildet den Übergang von der transparenten Außenhaut zum geschlossenen Kern, wo die Aufführung im geschützten Rahmen stattfindet. In den Pausen, oder vor oder nach einem Konzert allerdings kann man an die Glasfassade treten und visuell die Poesie des Rheins genießen.“ (Auszug Projekttext)

 

Bildnachweis: sonaar

Kategorie: Kultur
Standort: An der Windmühle, Bonn, Deutschland
Jahr: 2014
Status: -
Auftraggeber: DHL Deutsche Post AG, Bonn
BGF: 16.280 m²
Leistung: Wettbewerb: 4. Platz
Kooperation: Snøhetta